Sascha hat sich mit zwei Italienern zusammengetan um eine schwierigere Route zu klettern. Ich mache mich derweil auf den Weg zu einer Wanderung oberhalb der Todra Schlucht.
Unten in der Schlucht ist extremer Touristenrummel. Händler hängen ihre bunten Schals und Kleider an den Wänden auf und verkaufen Schmuck. Touristen fotografieren die steilen Wände und Bettler versuchen bei all dem Reichtum ein wenig Geld für ihr Überleben zur ergattern. Hunderudel bellen, Esel schreien, Ziegen meckern, LKW, Wohnmobile alle fahren durch die beeindruckende Schlucht.
Ich bin froh dem Trubell schnell zu entkommen und steige am Ende der Schlucht hoch in die Berge.
Die einzigen, die mir begegnen sind zwei Berberfrauen, die mit ihren Eseln und Kindern, täglich von ihrem Nomadenlager absteigen, um Wasser und Lebensmittel von unten für sich und ihre Tiere zu holen.
Die Landschaft ist rau, felsig und wild und wüstenähnlich. Oben am Pass angekommen, stelle ich fest, dass es verschiedene Wegkreuzungen gibt und eine Orientierung nicht möglich ist. So versuche ich die verschiedensten Wege, die aber entweder völlig aus der Richtung laufen oder in verlassenen Nomaden Lagern enden. Ich bin schon kurz davor den gleichen Rück- wie Hinweg zu wählen, als mir tatsächlich ein Wanderer begegnet. Steven, ein Franzose, der als Pilger unterwegs ist und mir den richtigen Weg weist. So laufen wir ein gutes Stück zusammen. Das beeindruckendste an dieser Wanderung ist, als wir ein scheinbar verlassenes Berberlager betreten.
Aus einer der grob gehauenen Höhlen tritt ein alter Mann hervor. Es stellt sich heraus, dass Steven diesen alten Berber kennt, weil er den Weg schon vor einigen Wochen gelaufen ist. Der Alte freut sich sichtlich, ihn zu sehen. Steven hat ihm ein paar Äpfel mitgebracht und wir werden zum Tee eingeladen.
Wir werden unter ein paar aufgespannte Decken gebeten, die vor Sonne wohl einen mäßigen Schutz geben, jetzt aber den kalten Wind nicht abhalten.
Der Tee freut mich sehr, bin ich doch ohne Wasser losmaschiert. Die Verständigung ist schwierig, da der Alte nur Berber spricht. Was ich herausfinde ist, dass er Homed heißt und 75 Jahre alt ist. Homed hat Parkinson und während die Frauen mit seinem Enkel unten im Tal sind, sitzt er in dieser wirklich erbärmlichen Unterkunft. Wir sind uns einig, dass im Tal zu viel Krach und Blabla ist, wie er meint. Er wolle hier oben leben, aber früher habe es Wasser und genügend Futter für die Tiere gegeben. Jetzt sei das Leben hier hart und sehr, sehr arm. Jahr für Jahr schwände der Regen.
Es ist zu kalt. Ihm ist zu kalt. Ich frage nach den Tieren, (indem ich überzeugend mähe und meckere und suchend um mich schaue) Homed bejaht und zeigt in die umliegenden Berge aber mangels Regen fehlt das Futter. Viele Worte sind es nicht, die wir wechseln können. Wir behelfen uns indem wir jeweils die Worte des anderen in der fremden Sprache versuchen zu wiederholen. Mich berührt diese Begegnung und die klaren, blauen Augen und mich berührt auch diese Armut, die durch den Klimawandel so befeuert wird.
Nach etwa 1 h brechen wir wieder auf. Ich trenne mich auch von Steven und steige ab, um Sascha wiederzutreffen.
Beeindruckend,wie Menschen leben!