In den Bergen ist eine Schlechwetterfront gemeldet. Starkregen und Schnee – und das in Marokko. Wir beschließen, noch einen Tag zu klettern. Es ist sonnig aber starker Sturm ist gemeldet. Die Kletterei durch die 200Meter hohe Wand ist wunderbar.
Endlich mal eine Route nach meinem Geschmack: Nie zu schwer, bleibt sie im 5er oder unteren 6er Bereich, immer gibt es Henkel und Tritte, die Halt bieten. Der Fels ist sehr rau, schlitzt allerdings manchmal die Haut an den Fingern auf. Die Sturmböen zerren mit 80 Kmh an uns und man muss aufpassen, nicht vom Fels gepflückt zu werden. Durch den starken Wind bekommt die eigentlich afrikanisch gemütlich warme Durchsteigung ein wenig Eigernordwandfeeling.
Anschließend geht es weiter mit dem Auto zurück Richtung Marrakesch. Die Kilometer ziehen sich. Nachdem wir schon 2 mal von den zahlreichen Polizeikontrollen angehalten wurden (einmal konnte ich sie von 65€ auf 15 € runterhandeln beim 2. Mal habe ich protestiert, weil kein Stoppschild da war und kam ungeschoren davon), fahre ich jetzt sehr verkehrskonform, stehe bei jedem Stopschild und zähle bis 3 und fahre niemals schneller als erlaubt, auch wenn die Geschwindigkeitsbegrenzung zum Beispiel bei Tankstellen völlig unsinnigerweise auf 20 runtergeht und die Marrokaner hinter mir hysterisch hupen, weil ich so langsam bin. Aufhebunsschilder der Geschwindigkeitsbekommen entweder gar nicht oder Kilometer später. Zum Abend finden wir eine familiäre Herberge. Der junge Gastgeber unterhält sich länger mit uns. Ein wenig Sehnsucht schwingt in seiner Stimme mit, weil wir reisen können und er, mit seinen Eltern den Betrieb führend, ortsgebunden ist. Wir reden mal wieder über den Klimawandel, der Marokko hart trifft. Er erzählt, vor ein paar Jahren sei hier noch alles grün gewesen und sie bräuchten dringend Wasser. Was wir bisher nicht wussten ist, dass die verfallenen Lehmhäuser, die so pittoresk neben den Dörfern stehen alle Opfer von Starkregenereignissen sind. Seit Jahrtausenden bauen die Menschen hier ihre Häuser aus Lehm. Seit dem fortschreitenden Klimawandel gibt es aber neben den Dürrephasen, wie auch bei uns Starkregen. Dem halten die Lehmhäuser natürlich nicht Stand und zerfließen. Am nächsten Morgen verlassen wir die freundliche Familie, um noch ein wenig an der Südseite des Atlas zu wandern. Hier hält sich das Wetter.
Wir steigen durch eine steile Schlucht auf sehr gut angelegten alten Berberpfaden von Dorf zu Dorf. Wieder ist es interessant, zu sehen, wie die Menschen hier leben.
Die Wäsche wird im Fluss ohne Seife gewaschen und dann auf Steinen zum Trocknen drapiert. Der Müll wird einfach den Hang hinuntergekippt, in die mühevoll angelegten Kanäle, oberhalb des Waschplatzes.
Wir werden bestaunt wie gestreifte Elefanten. Die Kinder sind neugierig aber scheu, vor allem die Mädchen.
Touristen gibt es hier definitiv keine. Zum Nachmittag trübt es auch hier ein und wir wollen den Atlas überqueren.
Je näher wir dem Pass kommen, desto stärker der Regen. Steine kullern von den Seiten auf die Straße, orangbraune Flüsse überspülen sie.
Nach 3 h ist es geschafft und wir übernachten im teuersten und schlechtesten Hotel der ganzen Reise. Am nächsten Morgen ist die Regenfront immer noch nicht vorbei. Da aber für den folgenden Tag strahlender Sonnenschein gemeldet ist, möchte Sascha den höchsten Berg Marokkos, den Toubkal von Norden versuchen. Wir fahren also wieder abenteuerlich durch prasselnden Regen in die Berge hinein und warten, dass der Regen irgendwann aufhört. Vertreiben uns die Zeit auf einem verschlammten Viehmarkt, (wo ich die einzige Frau bin)
und steigen schließlich an einer billigen Herberge ab, um auf das gute Wetter zu warten.
Die ersten Dromedare in Marokko
Meine Stimmung ist mittelmäßig. Sascha ist bei starkem Schneefall hoch zu einer Hütte um dann den Toubkal, mit über 4000 Meter, den höchsten Berg Marokkos zu besteigen. -15Grad, 50cm Neuschnee, lässt mich natürlich an alle möglichen Gefahrenquellen denken. Aber wäre ich nicht dabei, würde er es genauso machen und so versuche ich mich zu entspannen und damit zu leben, dass mein Sohn diese Bergleidenschaft hat.
Er muss an 2 checkpoints vorbei. Seit es 2018 einen Überfall mit Mord auf 2 Frauen gegeben hat, hat die marrokanische Regierung erlassen, dass man die Tour nur mit Guide buchen kann. Sascha hält davon natürlich nichts und maschiert alleine los. Ich kann ihn nicht dran hindern.
Kurz nachdem er weg ist, klart es auf und der Schneefall endet.
Ich sehe in was für einer erstaunlichen Gegend ich gelandet bin.Vorher konnte man nur 20 Meter weit sehen. Die Berge sind weiß. Das Dorf Imli liegt malerisch an den Hang geklebt und fast hätte ich auch Lust ein wenig zu laufen. Doch nach kurzer Zeit schneit es wieder und so spare ich mir das Laufen für morgen, da soll die Sonne wieder scheinen. Stattdessen verbringe ich den Abend am Kamin.
Vorne schön gewärmt, doch bei einer Umgebungstemperatur von 0 Grad ist es doch ganz schön frisch.
Nach einem Kaffee in eisigen Temperaturen am nächsten Morgen mache ich mich auf, Sascha entgegen zu gehen.
Er hatte den Gipfel um halb sechs erreicht.
Allerdings gab es zu den – 15 Grad einen Wind mit 70 kmh. Er ist völlig erschöpft und hat Erfrierungen an den Fingern, die ihn sehr schmerzen.
Wir fahren schnell aus den schönen Bergen, damit er ins Warme kommt.
Es ist unglaublich was in diesem kleinen Ort für ein Touristenwahnsinn los ist. Es gehen etwa 200 Leute täglich auf den Toubkal, bzw. werden von ihren Guides hinaufgeschleppt. Auch Menschen, die keinerlei Bererfahrung haben. Die Guides haben ebenfalls nicht viel Erfahrung und es ist sehr zweifelhaft, ob sie die Lawinengefahr richtig einschätzen können.
Wir fahren nach Marrakesch und Sascha schläft sich erstmal seine Erschöpfung aus. Bleibt zuhoffen, dass die Finger keine bleibenden Schäden bekommen haben. Übermorgen geht es heim