Endlich, unfassbar, aber wahr, es ist soweit, vor Corona geplant und dann wegen Corona verschoben, nun beginnt unsere Reise nach Zentralasien. Wir fliegen nach Kirgisistan unser fernes Traumziel seit 2 Jahren…
Dies denken wir zumindest, aber als wir auf dem Kölner Flughafen ankommen, ist dort die Hölle los. 2 jahre Pandemie und ein coronabedingt hoher Krankenstand hat das Flughafenpersonal massiv ausgedünnt. Wir wussten, dass wir 4,5 h für den security check einplanen sollten, doch was wir dort antreffen übertrifft alles Vorstellbare. Eine kilometerlange Schlange quält sich erst außerhalb des Flughafengebäudes und dann in endlosen Reihen innen durch beide Terminals. Wer nach 1 h in der Sonne gebraten endlich die Türe des Flughafens erreichend, glaubt das schlimmste geschafft zu haben, irrt gewaltig. Im inneren wartet man noch 5 weitere Stunden. Die Menschen sind alles in allem gefasst. Manch einer gibt auf und steigt auf Flixbus um ( bei unserem Ziel leider nicht möglich). Andere buchen einen zweiten späteren Flug, dann einen dritten, den sie mit etwas Glück vielleicht kriegen. Es gibt aber auch völlig aufgelöste, verzweifelte Passagiere, von Tränen bis Wut, ist alles dabei. Uns wird klar, dass die geplanten 4,5 h definitiv nicht reichen werden, um den security check zu passieren. Mit etwas Tricks und Schauspielerei, Sascha wird nochmal zum Kind, dass seine Eltern in der Schlange sucht, schmuggeln wir uns erfolgreich um 3 h nach vorne.
Gebracht hat es trotzdem nichts. Unser Flieger hebt erst anderthalb Stunden später ab, um nicht völlig leer nach Istanbul zu fliegen und wenigstens ein paar Passagiere an Bord zu kriegen, die den Marathon bewältigt haben. Unser Anschlussflug ist weg und so stranden wir gegen 4 uhr morgens in einem Istanbuler Hotel.
Die Weiterreise ist für den nächsten Nachmittag gebucht. Mir kommt eine indische Ashramreisende in den Sinn, die sich bei ihrem Meister über die anstrengende Reise bis nach indien beklagt. Er sagt nur lapidar: „Was stellen Sie sich so an, Sie haben ein bisschen rumgestanden und rumgesessen und dabei ganz nebenbei den halben Erdball durchquert“
Stimmt, vor allem rum gestanden- sehr lange.
Nach den ersten 3 Tagen in Kirgisistan bin ich schon völlig bezaubert. Soviele unterschiedliche Eindrücke. Das Land ist so schön wie ich es mir vorgestellt habe. Die Weite ist unfassbar.
Den ersten Tag sind wir mit der Logistik beschäftigt. Wie kriegen wir die simkarte ans laufen, wo gibt es gas zu kaufen, wie bekommen wir ausreichend Lebensmittel für die nächste Woche. Wir sind noch nicht eingspielt und suchen ständig irgendetwas. Aus Bishkek heraus geht es erst einmal direkt an der kasachischen Grenze entlang. Die Geschwindigkeitskontrollen sind so zahlreich wie in der Reiseliteratur angekündigt. Die Landschaft wird bergig, steppenmäßig und sehr trocken. Irgendwann in der Bhoomschlucht biegen wir von der Hauptstraße rechts ab. Der Konocheckcanyon, ein Canyon aus rotem, lehmigen Gestein ist unser Ziel. Über holprige offroadwege geht es ganz nach oben, so dass wir den Schlicht von oben bewundern können.
Von ein paar Eseln und Kühen abgesehen befinden wir uns schon in tiefster Einsamkeit. Es ist sehr windig und wir suchen einen Zeltplatz, der den starken Böen nicht völlig ausgesetzt ist. Es ist heiß und Sascha stolpert beim Holzsuchen über eine dicke Schlange. 1 Meter lang mit braunen Streifen. Später erfahren wir, dass sie nicht giftig ist und ihr Biss nur eine schmerzhafte allergie auslöst.
Wir werden sehr vorsichtig, sowohl beim herumstreifen, wie beim nächtlichen pinkeln.
Es ist heiß. Im Schlafsack viel zu warm. Unsere erste Nacht in Kirgisistan ist unruhig.Doch so nach und nach finden wir uns ins Zeltleben ein. Am nächsten Mirgen fahren wir weiter über raue Straßen durch zauberhafte, rote Landschaften. Ein wenig steigen wir in die Schlucht hinab, doch zum ernsthaften Wandern ist es uns viel zu heiß.
Weiter gehts zum Issykul, einem riesigen See umrahmt von hohen Bergen. Jede Abkühlung ist willkommen. Nach einem Bad fahren wir hoch in die Berge. Anfangs auf guter Gravelroad, wird das was wir fahren stetig steiler und wilder. Manchmal verfransen wir uns, weil Karte und Straßen(wir sind mit alten Sowietkarten unterwegs) nicht übereinstimmen. Manchmal müssen wir aussteigen um den Straßenverlauf zu finden. Es geht durch kleine Bäche und auch Schlammlöcher. Leider ist unser Fahrzeug beim offroad fahren nicht versichert und so ist immer auch ein wenig Nervosität dabei. Schließlich kommen wir ans Ziel: Ein kleiner See auf 2500 meter Höhe. Zu Saschas Begeisterung gibt es Kühe, ein kirgisischer Bauer kommt neugierig und lädt uns sogleich in sein Haus ein. Eine kleine Hütte in Sichtweite. Wir lehnen erst einmal dankend ab und wollen ihn am nächsten Tag besuchen.
Am Morgen wandern wir los. Schlappe 700 Höhenmeter und 14 km sagt die Karte. Doch die Entfernungen sind anders hier. Wir wandern durch unfasbar weite und riesige Täler, vorbei an Pferdeherden, die sich neugierig nähern, an wuschelugen Yakherden, die uns ignorieren und an Kuhherden, die uns beäugen. Man stelle sich die Alpen vor, vergrößere sie um das dreifache und nradiere 99 % der Besiedlung, Menschen und menschengemachter Veränderung aus. So ungefähr sieht es hier aus.
Wir sind begeistert und fasziniert. An einem See ist für Georg und mich erstmal Endpunkt. Sascha will weiter auf den Grat und übernimmt sich etwas. Abends tun ihm die Füße weh.
Als wir auf dem Rückweg in der Hütte des Hirten vorbei schauen werden wir von der Familie eingeladen was zu trinken. 2 Generationen leben den Sommer über in diesem einen Raum, der wie eine Jurte mit Fellen und Teppichen ausgestattet ist. Wir bekommen Brot, Fleisch, Aprikosen aufgetischt. Dazu gibt es Tee und Kumiss, vergorene Stutenmilch. Ich packe alle meine gelernten russischbrocken aus und wir versuchen uns ein wenig zu verständigen. Schade, dass ich nicht noch mehr gelernt habe aber für ein paar Infos haut es schon hin. Zum Abschluss bekomme ich das Baby auf den Arm und wir machen Fotos von uns allen. Das war ein sehr uriges und schönes Erlebnis. Wunderbar einmal kein störender Tourist zu sein sondern sich mit Neugier zu begegnen.
Woooooow das hört sich wirklich wunderbar an. Ich wünsche euch weiterhin so viel Faszination und Begeisterung, so viele schöne Begegnungen mit Tier und Mensch (außer giftigen Schlangen) – Kuss Gasha