Wildnis pur
Wir hatten uns gut eingedeckt mit Lebensmitteln in die Purcell Wilderness aufgemacht. Wildernessgebiete sind Schutzgebiete, fast ganz ohne ohne Trails, alles wird so gelassen wie es ist. Hier gibt es keine Touristen keinen Handyempfang, keine Ranger in schicken Uniformen mit ihren engen Regeln. Man ist ganz sich selbst überlassen.Unsere Fahrt in diese Wildnis stoppt zunächst an einem Wildbach, der die halbe Straße weggespült hat und eine recht muntere Strömung hat.
Die bange Frage: Schafft unser Pickup dies oder nicht? Und wenn nicht, wann käme wohl der nächste Mensch vorbei um uns da wieder hinaus zu helfen? Da es schon Abend ist, stoppen wir erst mal unsere Fahrt, kochen Spaghetti und begutachten diese kritische Stelle aus allen Blickwinkeln.
Nicht so sehr die Strömung des Wildbaches macht uns Sorgen, sondern dass es dahinter so steil hinaufgeht. Den Rest der Strecke zu Fuß zu laufen kommt nicht in Frage, denn die Straße soll uns zu einer Wanderung bringen, die eh schon wieder die 20 km Marke übersteigt. Wir gehen erstmal schlafen, was dank unseres Gefährtes ja fast überall möglich ist. Ich schlafe jedoch wenig, hin und hergerissen zwischen dem Wunsch diese Wildnis zu erforschen und kein Risiko einzugehen. Auch die „gesunde“ Grizzlipopulation „ dieser Wildnisbetrachte ich mit gemischten Gefühlen…
Am kommenden Morgen ist der Wasserstand gefallen, über Nacht kommt nicht mehr soviel Schmelzwasser hinunter (Es ist seit Tagen um die 30 Grad, da taut der Schnee langsam weg) Wir wollen es wagen. Ich stapfe durch das eisige Wasser um die Leistung unseres Autos fotografisch festzuhalten.
Unser Pickup fährt munter durch den Wildbach und hat zunächst keine Schwierigkeiten…doch dann, aus dem steilen Bachbett wieder hinaus drehen die Räder durch, Georg rollt rückwärts zurück in den Fluss und mir rutscht das Herz in die Hose und es gibt ein paar nevenaufreibende Momente. Dann die Differentialsperre eingeschaltet und unser Pickup rollt brav da Bachbett wieder hinauf. Glück gehabt. Der letzte Mensch war vor einer Woche hier und wir hätten vielleicht lange warten müssen, bis wieder einer kommt.
Der Rest der Straße ist eine mittelmäßige Katastrophe, die wir aber ohne kritische Momente bewältigen. Hat man einmal ein Allradfahrzeug, stellt man fest, was es alles nicht kann und auf unserer Wanderung, die wir mit lautstarkem Gerede füllen müssen, um möglichst keine Grizzlies zu überraschen, sinnieren wir über den Sinn und Unsinn von All terrain vehikles …vielleicht hätten wir uns ja doch ein Quad statt einen Pickup kaufen sollen….
Wir schrecken im Auto dann noch einen Grizzlie auf, der vor uns her galoppiert…ganz schön schnell diese Tiere und verdammt groß. Er flüchtet zwar, bleibt aber immer wieder stehen, um uns neugierig zu beäugen. Also Angst hat er irgendwie nicht…ich bin ganz froh im Auto zu sitzen.
Wir wandern dann mal wieder weit, immer durch Wald, rauf und runter, reine Wildnis, Lawinen und Stürme sind durch diese Wildnis gegangen und der Name Pfad ist für das, worüber wir wandern ein recht hoch gegriffenes Wort. Immer wieder müssen wir durch tiefen Matsch, über Bäume oder der Weg verwandelt sich direkt in einen Bach. Menschenspuren gibt es kaum, dafür sehr viel Wildspuren, Wölfe, Hirsche und hauptsächlich Bären benutzen diesen Pfad. Am Ende (der Weg aber wir auch) belohnt uns eine heiße Quelle, in der wir baden können, eigentlich ist es ja so heiß, dass man eher kaltes Wasser braucht, aber es ist unser erstes Bad seit 6 Wochen, mitten in der Wildnis, die wir gerade nur mit 2 sehr scheuen Schneeziegen teilen. Wir genießen es! Dann aber heißt es die ganzen 12 Kilometer wieder zurück. Sehr müde sitzen wir abends an unserem Lagerfeuer.